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GLADBECK. MdL Hübner plädiert für Verhandlungen. Parteichef Bennarend und Zweckeler Ortsvereinschef lehnen ab. MdB Gerdes will nicht in die Opposition.
Soll die SPD Verhandlungen über eine erneute große Koalition mit der CDU führen? Ja, nein, vielleicht – von totaler Ablehnung bis zur möglichen Zustimmung reicht das Meinungsbild der Gladbecker Partei-Basis. Stadtverbandschef Jens Bennarend formuliert es krasser: „Die Partei ist zum Zerreißen gespannt“, schildert er seinen Eindruck über die Stimmung in den Ortsvereinen. Bennarend wird als einer von acht Delegierten aus dem Kreisverband Recklinghausen, und als einziger Gladbecker, am Sonntag auf dem Bundesparteitag der SPD in Dortmund mit über Verhandlungen entscheiden.
Für Parteichef Bennarend enthalten die Sondierungsergebnisse zu viele Fallstricke
Bindende Beschlüsse aus dem Stadt- oder Kreisverband gibt es dafür nicht. Der Kreisverband hatte sich allerdings bereits Ende November, nach dem Aus der Jamaika-Verhandlungen, einstimmig gegen eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen.
Jens Bennarend, Vorsitzender des SPD-Stadtverbands, wird als Delegierter auf dem Bundesparteitag in Dortmung mit darüber abstimmen, ob die SPD erneut Verhandlungen mit der CDU über eine große Koalition aufnehmen soll.
Dennoch, sein Votum bei der Abstimmung werde ein persönliches sein, betont Bennarend. Wie das ausfällt? So wie 2013, als er gegen eine Große Koalition stimmte. In seiner Ablehnung einer erneuten GroKo sieht er sich durch die Ergebnissen der Sondierungsgespräche zusätzlich bestätigt. „Jede Menge Fallstricke und Einschränkungen, die konkrete Umsetzungen verwässern werden.“ Aus sozialdemokratischer Sicht gebe es kein großes Projekt wie beim letzten Mal immerhin noch den Mindestlohn. „Es reicht nicht“, findet Bennarend. Selbst die Festschreibung der Rente auf 48 Prozent bis 2025 sei zu wenig „Und es gibt keine Vision, das wäre ein ,Weiter so’.“
Landtagsabgeordneter Michael Hübner ist für die pragmatische Lösung
Ganz anders hingegen SPD-Fraktionschef und Landtagsabgeordneter Michael Hübner. „Ich habe keine GroKo-Phobie“, sagt er und empfiehlt allen Kritikern, das Sondierungspapier zu lesen. Das wolle er zwar nicht über den grünen Klee loben, aber „es ist ein gut verhandeltes Papier“, so Hübner. Dass einige der sozialdemokratischen Kernthemen fehlen, wie die Abschaffung sachgrundloser Befristungen bei Arbeitsverträgen, sieht er allerdings auch als Manko. Eben das müsste die SPD in den Koalitionsverhandlungen herausholen.
SPD-MdL und Fraktionschef Michael Hübner sieht in einer Großen Koalition die Möglichkeit der SPD, ihre Ziele durchzusetzen.
Hübner ist pragmatisch: „Wir wollen das Leben der Menschen besser machen, wenn wir das nicht mit der CDU tun, können wir es nicht durchsetzen. Die Delegiertenentscheidung am Sonntag könnte den Weg dafür frei machen.“ Ob die Verhandlungsergebnisse am Ende ausreichen, darüber wird dann die Basis entscheiden.
Die Basis, das ist auch der Ortsverein in Zweckel. Dessen Vorsitzender Norbert Dyhringer bleibt beim Nein zur GroKo. „Die Zusammenarbeit in den letzten Jahren hat beiden großen Parteien geschadet. Eine erneute große Koalition würde ein ,Weiter-wie-bisher’ bedeuten. Für uns Sozialdemokraten ist es an der Zeit, einen Neuanfang zu machen. Wir haben unsere Wähler enttäuscht und müssen wieder zu den Ursprungsidealen stehen.“
Norbert Dyhringer, SPD-Ortsvereinschef in Zweckel, will einen Neuanfang für seine Partei. Das geht nicht in einer Großen Koalition, ist er überzeugt.
Am Sonntag will die Zweckeler SPD beim Neujahrsumtrunk über Für und Wider einer GroKo diskutieren und die Stimmung der Basis aus dem Gladbecker Norden an Jens Bennarend auf dem Bundesparteitag übermitteln.
Dem Gedanken der Erneuerung der Partei widerspricht der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Gerdes keineswegs. Das sei richtig, aber unabhängig von Regierung oder Opposition. Er wirbt daher für Koalitionsverhandlungen. Gerade in den Bereichen Rente und Pflege seien Fortschritte sichtbar, ebenso bei der Bildung von kostenfreien Kitas bis hin zur Uni und der Bafög-Erhöhung. Einige Punkte müssten in Gesprächen vertieft werden, doch ginge die SPD in die Opposition, ließe sich nichts umsetzen. Zumal dann auch nicht sicher sei, dass es nicht zu Neuwahlen käme.